CCS-Protest

Presse

 

23. November 2011

Protest vor dem Bundesrat – Wieder keine Einigung im Vermittlungsausschuss – Kritik an Studie zu CO2-Pipeline auf Kosten der Steuerzahler


In einer gemeinsamen Erklärung forderten gestern vor der Sitzung des Vermittlungsausschusses die Bürgerinitiativen aus Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Brandenburg die Bundesregierung wiederholt auf, ein CO2-Endlager-Unterlassungsgesetz zu verabschieden. Medienberichten zufolge scheiterten die Beratungen von Bund und Ländern zum CCS-Gesetz erneut.  Zuvor protestierten vor dem Bundesrat in Berlin etwa 100 Vertreter von Bürgerinitiativen aus Brandenburg und Sachsen-Anhalt, sowie Mitglieder des BUND und Greenpeace gegen die geplante Verspressung des Klimagases CO2.

 

„Obwohl die Verklappung von CO2 in Deutschland weder bei den Bürgern noch bei der Politik Rückhalt genießt, betreiben die Konzerne weiterhin massive Lobbyarbeit“, kritisiert Sylvia Wadewitz von der Bürgerinitiative CO2ntra Endlager aus dem Oderbruch (Brandenburg). So wurde unlängst bekannt, dass die Konzerne bereits Planungen für ein europäisches CO2-Pipelinenetz in Angriff nehmen und die Kosten dafür dem Steuerzahler aufbürden wollen.

 

In einer von der EU bezahlten Studie haben die Energiekonzerne Vattenfall, RWE, EON und andere ihre Vorstellung der Verwirklichung und Finanzierung der CCS-Technologie in Europa dargelegt. (Diese Studie wurde von Karel Beckman in dem Fachmedium „Carbon Capture and Storage“ vom 17.11.2011 erläutert)  Demnach soll eine 22.000 Kilometer lange Pipeline durch Europa gebaut werden.  Zentral ist hierfür Deutschland genannt. Damit CCS ab 2020 in großem Stil genutzt werden könnte, müsste das Pipelinenetz schon jetzt geplant und gebaut werden, ehe die ersten Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung aus den Demonstrationsprojekten  vorliegen. Für die veranschlagten 50 Milliarden Euro könnten nur dann Investoren gefunden werden, wenn es eine zentrale Planungsstelle gäbe und dem Netzbetreiber vom Steuerzahler oder Stromkunden eine Rendite von 20-30% garantiert würde. Gleichzeitig wird massive finanzielle Förderung durch EU und nationale Regierungen gefordert.

 

Die potentiellen Speicherkapazitäten für CO2 in Europa werden mit 300 Gigatonnen angegeben, während bis 2050 nur mit 18 Gigatonnen gespeichertem CO2 zu rechnen sei. Zwar wird angemerkt, dass die Kapazitäten der vorrangig benötigten salinen Aquifere nur theoretisch existierten und bisher weder erschlossen noch untersucht wurden; es fehlt jedoch jeder Verweis auf die bisherigen Erfahrungen in Norwegen.  In der Utsiraformation steigt der Druck des verpressten CO2 nicht an, was auf ein unbegrenzt offenes Aquifer hindeutet. Dadurch dürfte das Auftreten von Leckagen nur noch eine Frage der Zeit sein.

 

Mehrere als dicht geltende Tonschichten hat das CO2 bereits durchwandert, da CO2 das Wasser aus dem Ton entzieht und ihn damit rissig und durchlässig macht. In Snøvit, nordwestlich von Hammerfest, liegt ein anderer denkbarer Speichertyp eines salinen Aquifers vor. Dieser Speicher ist dicht, deshalb steigt der Druck bereits nach wenigen Millionen Tonnen CO2 stark an und droht bereits das Deckgestein zu sprengen. Beide in Norwegen getesteten Formationen erwiesen  sich damit als ungeeignet, um für große Mengen an CO2 für einen langen Zeitraum als sicheres Endlager zu dienen.

 

Im Kostenvergleich zwischen neuen Leitungen zum Transport von Strom aus erneuerbaren Energien und dem Pipelinenetz für CO2 aus CCS sieht die Studie den Vorteil klar bei CCS. Damit wird in dieser Studie klar zum Ausdruck gebracht, dass CCS keine Brückentechnologie zu den erneuerbaren Energien sein soll, sondern zu diesen in Konkurrenz steht. Im Gegensatz zum Bundesumweltamt und dem Sachverständigenrat für Umweltfragen wird in dieser Studie bezweifelt, dass bis 2050 durch die erneuerbaren Energien die Stromversorgung in Deutschland sichergestellt werden könne.

 

„Die Forderung nach staatlicher Garantie von Renditen im Bereich 20-30% passt nicht mehr in eine Zeit, in der europaweit Privilegien zu Lasten der Allgemeinheit beschnitten werden sollen. Die potentiellen Speicherkapazitäten werden kaum hinterfragt, obwohl die Erfahrungen aus Norwegen bereits zeigen, dass die Anzahl geeigneter Endlager weitaus geringer ist als von den CCS-Befürwortern erhofft. Zudem sind die Explorationskosten unkalkulierbar“, kritisiert Reinhard Knof von der Bürgerinitiative „Stoppt das CO2.Endlager“ aus Nordfriesland (Schleswig-Holstein). Deshalb tauchen diese Kosten im Report von Beckman auch nicht auf. Stattdessen wird im Widerspruch zum Bundesumweltamt und dem Sachverständigenrat für Umweltfragen die Versorgung durch erneuerbare Energien ab 2050 bestritten. Dazu passt, dass das bereits genehmigte Viking-Kabel zwischen Deutschland und Norwegen auf Wunsch der E.ON nicht verwirklicht wurde, so dass rund 40% des Windstroms aus Schleswig-Holstein nicht genutzt werden können und die Wasserkraft Norwegens in Zeiten von erhöhtem Strombedarf in Deutschland nicht zur Verfügung steht, erklärt Knof.


„Diese Studie verdeutlicht, dass es bei CCS um Gewinnmaximierung der Unternehmen geht und der Ausbau der Stromnetze für die erneuerbaren Energien verhindert werden soll“, so die gemeinsame Kritik der Bürgerinitiativen.

 

 

Mehr Infos zur Studie “CO2Europipe - Towards a transport infrastructure for large-scale CCS in Europe”
http://www.co2europipe.eu/Publications/CO2Europipe%20-%20Executive%20Summary.pdf